Home » Forschung » Bauforschung » Quedlinburg, Hölle 11

Quedlinburg, Hölle 11

In der UNESCO Welterbestadt Quedlinburg, dem größten Flächendenkmal Deutschlands wurde seit Januar 2002 vom Deutschen Fachwerkzentrum Quedlinburg – Abteilung Bauforschung der älteste profane Steinbau der Stadt, die Hölle 11 baugeschichtlich untersucht. Das Projekt in Trägerschaft der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, wird finanziert vom Kultusministerium, dem Europäischen Sozialfond und dem Arbeitsamt

Baubeschreibung

Das Gebäude, ein 2-geschossiger, traufständiger Sandsteinbau, dessen älteste Bauteile bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen, ist nach bisherigen Kenntnissen der älteste erhaltene Steinbau Quedlinburgs außerhalb des Stiftgebietes mit Schloss und Wipertikirche. Die wehrhafte Anlage, vermutlich ursprünglich ein Immunitätsbau, wurde wohl noch vor Errichtung der endgültigen Stadtmauer erbaut.

Der heutige Bau untergliedert sich in drei Gebäudeabschnitte. Der älteste südliche Teil wurde ursprünglich vollständig von sandsteinernen Umfassungsmauern umgeben. Die Südfassade besitzt einen, von heute angrenzenden Nachbarbauten verdeckten, romanischen Sandsteingiebel mit Giebelfenster.

Nutzungsgeschichte

Im 17. sowie 18. Jahrhundert diente der Bau Stadtschreibern und Kämmerern der Stadt Quedlinburg als Wohnsitz, zu Beginn des 16. Jahrhunderts beherbergte er eine Bruderschaft. Im 19. Jahrhundert wurde der Bau als Wohnhaus und Gaststätte genutzt und schließlich ein Lichtspielsaal auf dem rückwärtigem Hofbereich errichtet.

Durch den späteren Einbau einer Schwarzen Küche, einer offenen Feuerstelle mit Schlot, der sich bis zum Dachraum erstreckte und der Zusammenlegung der einzelnen Gebäude im frühen 14. Jahrhundert wurde die ursprüngliche Raumaufteilung im Innern verändert. Lediglich die rückwärtigen Räume zeigen noch die ursprüngliche Struktur. Umlaufende, auf der Sandsteinwand aufliegende Holzbalken bilden das Auflager der handbebeilten Deckenbalken mit Waldkante.

Der nördliche Gebäudetrakt, dessen Fassade heute durch einfache rechteckige Fenster des 19. Jahrhunderts gegliedert ist, zeigte nach Freilegungsarbeiten des Zementputzes seitlich der Fensterrahmen Renaissancegewände mit mehreren Farbfassungen und schwarzem Beistrich. Unmittelbar an die Renaissancegewände anschließend und durch deren Einbau stark zerstört, wurden ältere Fenstergewände sichtbar, vermutlich mit Dreipass (Kleeblattfenster), wie sie in der 1. Hälfte des 13. Jh. üblich waren.

Im mittleren Gebäudeabschnitt konnte ebenfalls infolge der Untersuchungen ein gotisches Gewände mit Spitzbogen mit eingeschriebenem Dreipass freigelegt werden – ein Befund, der in Quedlinburg nur noch an einem Bau in der Breite Straße 18 nachgewiesen werden konnte.

Infolge der Abrissarbeiten des Lichtspielsaals trat noch ein besonderes Fundstück zu Tage. Zwischen die zweischalige Sandsteinmauer wurde als Füllung der Wand neben Bruchsteinen in Lehmmörtel gebettet, eine romanische Sandsteinsäule, deren Basis und Säulenschaft noch gut erhalten ist, vermauert. Sie diente vermutlich als Mittelsäule der Biforien- oder Triforienfenster des nördlichen Gebäudeteils. Auf der unteren Seite der Basis sind der Zirkelschlag und die Diagonalen des Steinmetzes zur Bestimmung der Dimension noch erhalten.

Im Zuge der Untersuchungen durch das Bauforscherteam konnten in diesem Gebäudeabschnitt romanische Gewände, bauzeitliche Nischen und Quaderfugen, die als glatt verstrichene Kalkmörtelfüllungen ausgeführt wurden, auf der Innenseite der Außenwände freigelegt werden.