Gröningen, Edelhof.
Arbeitsstand 21.12.2022 Bauliche Befunde Edelhof in Gröningen
Im Zuge der bauhistorischen Untersuchung durch das Fachwerkzentrum wurden im Erdgeschoss, 1. OG. und 2. OG des südlichen Trakts des Edelhofes Raumstrukturen untersucht, die vermutlich in Teilen, hier vornehmlich das 2. OG der frühen Barockzeit – um 1690 (Arbeitsstand) – entsprechen.
Die Außenwände des Wohntraktes wurden im 19. Jh. mit einem Kalkputz, eine Steinquaderung imitierend, überzogen.
Erdgeschoss
Die 0,85 m starken Außenmauern aus Kalksteinmauerwerk mit Lehmmörtel stehen, soweit erkennbar, im Verband (Wand b/c; c/d; d/a). An der Nord- und Westseite sind große rundbogige Fensternischen erhalten. Die Gewändekanten der Fensternischen wurden mit behauenen Kalksteinen in Kalkmörtel aufgemauert, die Stürze hingegen vermutlich in Ziegelmauerwerk. Die südliche Außenwand im Erdgeschoss ist mit noch einer aus der Renaissancezeit erhaltenen Fensternische mit gefasten Gewändekanten, Postamenten, und blattförmigen Verzierungen zu sehen. Zu dem dahinterliegenden kreuzgratgewölbten Raum führt eine rundbogige Tür, die ebenfalls Schmuckmotive der Renaissance – Rundstab, Kehle und dreiviertelhohen Postamenten – aufgreift.
Obergeschoss
Östliches, südliches, westliches und nördliches Mauerwerk aus Kalkstein stehen im Verband (Wand d/c/a/b). Über Eck wurde vermutlich im 19. Jh. der Wendelstein – Treppenstufe und Treppenspindel aus Sandstein, das umgebende Mauerwerk Ziegelstein in Kalkmörtel – eingebaut.
Unterteilt war das gesamte 1.OG durch Längs- und Bundwände. Die Bundwände unterteilen das Obergeschoss in drei Zonen. Die südliche und nördliche Bundwand blieb erhalten, die mittige Bundwand wurde im Zuge von Umbaumaßnahmen im 19./ 20. Jh. zurückgebaut.
Die historischen Innenwände zeigen nach Befundöffnung einen Fachwerkabbund von Ständern in Schwell bzw. Deckenbalken, Riegel und Rähm gezapft, deren Gefügeverbindung, Gefachmaterial und Putze (vereinzelt Kalkhaarputze) eine Datierung mindestens in die frühe Barockzeit (oder älter hier sind weitere Befundöffnungen und Untersuchungen notwendig) erlauben. Die Riegelketten zapfen seitlich in die Ständer, die Gefügeverbindung ist mit Holznägeln gesichert. Im Inneren füllen die Gefache Stakenhölzer mit Strohlehmputz. Putzträger der Strohlehmputze bestehen aus Stroh, befestigt mit dünnen Holzleisten und handgeschmiedeten Nägeln.
Der aus dem 19. Jahrhundert stammende Fußbodenbelag, Dielen mit unterschiedlichen Formaten, konnte in vielen Räumen noch nachgewiesen werden.
Der von Nord- nach Süd verlaufende Mittellängsunterzug mit Mittellängswand teilt das 1. Obergeschoss in zwei Schiffe. Die Längswand wurde im südlichen Bereich vermutlich im 19. Jh. abgebrochen und die Deckenbalken auf zwei Unterzüge aufgelagert. Die Unterzüge wurden nachträglich auf Ständern in die südliche bauzeitliche Fachwerkwand eingelassen. Der nördliche Auflagerpunkt ist der im 19. Jh. errichtete Schornstein.
Die Staken der Deckenfelder sind vermutlich in seitliche Nuten der Deckenbalken eingelassen. Die Balken sind mit Strohlehmputz überputzt, mit Holzleisten befestigt, der abschließende Kalkputz mit Tierhaaren zeigt Fassungsreste des 19. Jahrhunderts.
Obergeschoss
Die Außenwände wurden in der Barockzeit in Fachwerk ausgeführt. Die Ständer wurden in Schwellholz und Rähm, die Riegel in die Ständer gezapft, die Gefügeverbindung wurde, teilweise mit einem Holznagel in der Lage gesichert. Die Gefache der Außenwände füllen Ziegelsteine in Kalkmörtel.
Die Innenwände wiederholen den Fachwerkabbund des 1. Obergeschosses. Putzreste zeigen einen Kalkhaarputz mit Fassungsresten des 19. Jahrhunderts.
Südlicher Giebel
Im südlichen Giebel ist eine rundbogige Türnische mit einem aus Kalksteinen abgetreppten Gewände eingebaut.
Dachwerk Renaissance
Die Dachkonstruktion über dem östlichen Flügel, wurde als Sparrendach mit einer Kehlbalkenlagen und einer Zerrbalkenebene ausgebildet. Die Oberfläche der Hölzer ist beeilt. Die Sparren binden in die Zerrbalken ein.
Die Kehlbalkenlage ist mit den Sparren verzapft. Die Gefügeverbindung ist mit einem Holznagel gefestigt. Auf östlicher Seite sind Sparrengebinde als lastabtragendes Vollgespärre der Dachkonstruktion, bis zur Zerrbalkenlage geführt. Unterhalb der Kehlbalkenebene steifen das Dachgebinde zwei stehende Stuhlsäulen und Kopfstreben aus.
In Längsrichtung wird das Dach durch Längsrähme ausgesteift. Diese lagern auf den stehenden Stuhlsäulen auf. Die Kehlbalken sind mit dem Längsrähm verkämmt. Die Ständer unterhalb des Längsrähms stehen auf den bauzeitlichen Zerrbalken. Auf südlicher oder nördlicher Seite sind Kopfbänder in Stuhlsäule und Kehlbalken bzw. Längsrähm gezapft, die zur Aussteifung in Längsrichtung dienen.
Abbundzeichen
Die Sparren und Kehlbalken waren in jedem Gespärre mit Abbundzeichen gekennzeichnet. Westlich wurden römische Zahlen verwandt, östlich römische Zahlen mit Ausstich.
Östlicher Gebäudeteil
Bei historischen Gebäuden mit großen stützenfreien Räumen ist im Dachwerk (Kehlbalkendach) ein Hängewerk zur Überwindung der großen Spannweiten eingebaut.
Das Hängewerk im Edelhof besteht aus einer mittigen Hängesäule (Zugsäule) an der ursprünglich ein Längsunterzug (Auflagerpunkt der Deckenbalken) oder Bundbalken befestigt war. Die mittige Hängesäule wird durch zwei Druckstreben mit einem Versatz (Gefügeknoten) im oberen Drittel gehalten und zu den seitlichen Längswänden/Auflager abgestrebt. Die Streben leiten die Lasten der Decke in den Auflagerpunkt des Bundbalkens (Außenwänden). In der Regel befanden sich im Raum unterhalb des Hängewerks zwischen Bundbalken/Deckenbalken und Ständer eine eingezapfte, mit Holznägeln gesicherte Knagge zur Aussteifung, Abtragung der Lasten und Verminderung der Auflagerpressung.
Die Zusammenfassung des Arbeitsstandes basiert auf einer kurzen zweitägigen Sichtung der Bausubstanz. Weitere Untersuchungen sollten im Rahmen der geplanten Seminare erfolgen.
21.12.2022 Fachwerkzentrum Quedlinburg