Halberstadt, Hühnerbrücke 4
Baugeschichte
Das älteste erhaltene Schulgebäude in Halberstadt, das “Johanneum” an der Hühnerbrücke gelegen, wurde als Lehrstätte für Latein, Hebräisch und Griechisch errichtet. Laut Inschrift auf dem Sturzriegel der rundbogigen Eingangstür wurde die Schule am 22. November 1697 fertiggestellt. Der Fachwerkbau, heute Hühnerbrücke 4, erstreckt sich mit der östlichen Gebäudelangseite am Grudenberg und rahmt mit der nördlichen Giebelseite die Platzsituation an der Hühnerbrücke gemeinsam mit dem großen und stattlichen Fachwerkbau mit Freitreppe, Grudenberg 9.
Die besondere Herausforderung des Modellprojektes besteht darin, die erhaltene historische Substanz zu bewahren, zu ertüchtigen und Methoden einer energetisch-ökologischen Sanierung zu definieren.
Sonderverfahren der Hausschwammsanierung
2010 wurde ein Holzschutzgutachten erstellt. Am Nordgiebel konnte Echter Hausschwamm nachgewiesen werden, im Erdgeschoss waren Säulenköpfe, Rähm, Füllhölzer, Stichbalken, Schwelle und Ständerfüße des 1. Obergeschosses befallen. Der Hausbockbefall zeigte sich an den Ständern im Eingangsbereich und Riegel im EG.
Auf der Grudenbergseite konnte im nördlichen Bereich ein weiterer Schwammherd festgestellt werden, der sich ab der 2. Riegellage im Erdgeschoss bis zum Traufbereich, 2-3 Gebinde umfassend, erstreckte. Die klassische Sanierung hätte 1 m Rückschnitt vom letzten sichtbaren Befall bedeutet.
Laut DIN 68 800 Teil 4 ist als Sonderverfahren die Hausschwammsanierung und die Abtötung des Gewöhnlichen und Gescheckten Nagekäfers mit Heißluft seit 2012 zugelassen.
Bei der Untersuchung der mit Echten Hausschwamm befallenen Hölzer stellte der Sachverständige fest, dass der Schwamm überwiegend an der Oberfläche gewachsen war. In vielen Fällen war eine durchgehende Zerstörung nicht vorhanden. Laut DIN 68 800 Teil 4 ist als Sonderverfahren die Hausschwammsanierung und die Abtötung des Gewöhnlichen und Gescheckten Nagekäfers mit Heißluft seit 2012 zugelassen. In der DIN werden verschiedene Temperaturen zur Abtötung angegeben. So wird z. B. bei einer Temperatur von 50°C ein Zeitintervall von 16 Stunden angegeben, die im Kern des Holzes vorliegen muss. Bei 55°C sind es 8 Stunden und bei 60°C sind es 2 Stunden. Mit der Hitzebehandlung wird bei dem Hausschwamm das Geflecht zerstört, das Holz getrocknet und somit dem Hausschwamm die Lebensgrundlagen – Wasser, Wärme, Holz – genommen.
Wichtig ist während der gesamten Umsetzung der thermischen Behandlung eine langsame kontrollierte Erhöhung der Temperatur. Von der umsetzenden Firma wurde eine Mehrstufenbrennertechnik, die eine langsame und kontrollierte Erwärmung des zu behandelnden Objektes vornahm, angewandt. Für die notwendige Abtötung aller Schadinsekten ist es erforderlich, auch die Außenbereiche zu behandeln. Zu diesem Zweck wurde das Fachwerkhaus vollständig eingehaust. Die gesamte Einhausung erfolgt mittels Spezialfolien, (Mehrschichtfolien), aus Polyamiden, Polyethylen und Aluminium, die einen hohen Isolierwert haben.
Daher wurden Hausbocklarven als weitere Prüfinstanz in speziell gefertigten Holzröhren eingesetzt. Die Larven wurden in speziellen Vorrichtungen in das zu beheizende Holz eingebracht.
Die Versuche zeigten, dass eine Abtötung und Verfärbung der Larven eintritt, wenn über 55°C für 3-4 Stunden erreicht wurden. Für die Bekämpfung des Befalls durch den Gewöhnlichen und den Gescheckten Nagekäfer wird laut DIN für die Bekämpfung mit der Heißluft eine Temperatur von 55°C, die 1 Stunde im Kern des Holzes gehalten werden muss, empfohlen. Das Absterben der Hausbocklarven bei Temperaturen um 55°C, bestätigt ebenso die Abtötung der Nagekäferlarven. Für die Temperaturmessung werden Thermoelemente verwendet. Die erreichte Temperatur im Gebäude liegt zwischen 90° und 100°C.
Eine energieeffiziente, Ressourcen schonende, ökologische Sanierung bei größtmöglichem Erhalt der historischen Substanz und Einhaltung der denkmalpflegerischen Belange konnte an dem Modellprojekt Hühnerbrücke 4 in Halberstadt umgesetzt werden. (siehe auch: Bauprojekte » Halberstadt, Hühnerbrücke 4; klick hier)